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Reinjektion Geothermische Energienutzung in Sandsteinformationen – Faktor – Analyse, Simulation und Modellierung

Die Permeabilitätsreduktion während der Reinjektion geothermaler Fluide in Sandsteinformationen ist ein häufiges und noch nicht vollständig geklärtes Phänomen. Wie verschiedene Fallstudien zeigen konnten, kann es während der Reinjektion in Sandsteinformationen zu einer drastischen Permeabilitätsabnahme kommen. Diese Abnahme in der Permeabilität kann auf (i) suspendierte Feinpartikel wie z.B. Eisen (hydro-) oxide, (ii) Tonmineralmobilisierung oder auch auf (iii) Temperatur (T) und Druck (P) induzierte Mineralausfällungen zurückgeführt werden.

Um die Ursachen der Permeabilitätsreduktion zu identifizieren und um Gegenmaßnahmen zu entwickeln, wurde eigens für diese Studie eine Hochtemperatur-Hochdruck-Durchflusszelle entwickelt, um den Reinjektionsprozess unter nahezu Lagerstättenbedingungen nachzustellen. Hierfür wurden ausgewählte Sandsteinproben aus Österreich, Deutschland und den USA beprobt, detailliert petrographisch charakterisiert, sowie für Durchflussexperimente herangezogen. Zusätzlich wurden an den ausgewählten Sandsteinproben hochauflösende µXCT-Scans vor und nach den Durchflussexperimenten durchgeführt, um potentielle mikrostrukturelle Veränderungen des Korngefüges, insbesondere durch suspendierte Feinpartikel und/oder Tonmineralmobilisierung nachweisen zu können. Außerdem wurde in den Durchflussexperimenten der Einfluss der Temperatur und der Fließgeschwindigkeit auf die zeitliche Veränderung der Permeabilität untersucht.

Diese Studie zeigt, dass vor allem die Porenkanalverlegung durch suspendierte Feinpartikel im Thermalwasser zu einem Versagen der Reinjektion führen kann. Jedoch konnte auch bei einer feststofffreien Durchströmung festgestellt werden, dass es zu einer langsamen Abnahme der Permeabilität kommt. Diese Beobachtung liefert Hinweise für eine Tonmineralmobilisierung, welche großen Einfluss auf das Langzeit-Reinjektionsverhalten hydrothermaler Dubletten haben kann. Weitere Faktoren für die Permeabilitätsreduktion ergaben sich aus der P-T-Analyse, welche belegt, dass mit zunehmender Temperatur und zunehmender Fließgeschwindigkeit die Permeabilität ebenfalls deutlich abnimmt. Der Vergleich der µXCT Scans von ausgewählten Sandsteinproben mit verschiedenen Auflösungen vor und nach dem Durchflussexperiment ergab außerdem, dass stellenweise deutliche Hinweise auf eine Veränderung des Porenraums infolge einer Durchströmung im Durchflussexperiment zu finden sind.

Basierend auf unseren Ergebnissen postulieren wir, dass eine Permeabilitätsreduktion vermindert werden kann, wenn das Thermalwasser so feststofffrei wie möglich in die Reinjektionssonde gelangt. Weiteres sollten hohe Fließgeschwindigkeiten und hohe Reinjektionstemperaturen vermieden werden, um das Reinjektionsverhalten zu verbessern.

Ausgangssituation

99 % unserer Erde sind heißer als 1000°C und nur 0,1% sind kälter als 100°C, doch diese Wärmeenergie stammt nicht von unserem größten Energielieferanten der Sonne, sondern aus dem Erdinneren (z. B. I. STOBER & K. BUCHER, 2012). Zwei maßgebliche Prozesse sind für diese Wärmeproduktion verantwortlich: Einerseits die Kristallisationswärme des Erdkerns und andererseits radioaktive Zerfallsprozesse in der Erdkruste. Die Kristallisationswärme entsteht durch das langsame Abkühlen des Erdkerns und liefert genügend Energie, um den darüber liegenden Erdmantel zu erwärmen. Der in der Erdkruste dominante Prozess ist aber der radioaktive Zerfall, denn 70% der gesamten Wärmeenergie im Untergrund wird durch diesen Prozess erzeugt. An der Erdoberfläche beträgt die Temperatur im Schnitt nur 14°C, mit der Tiefe steigt die Temperatur jedoch im Schnitt um 30°C/km an. Es existieren aber auch Gebiete mit wesentlich höheren oder auch niedrigeren geothermischen Gradienten. Dies ist Abhängig von magmatischer Aktivität und dem geologischen Setting (z. B. I. STOBER & K. BUCHER, 2012). Das gängigste Verfahren zur geothermischen Energiegewinnung ist eine hydrothermale Dublette. Dabei wird ein Aquifer, also ein wasserdurchlässiger Gesteinshorizont mit geeigneter Tiefe und Temperatur, erschlossen und das darin befindliche heiße Wasser an die Oberfläche gefördert. Die Energie wird meist über Wärmetauscher an der Oberfläche entzogen und das abgekühlte Wasser wird wieder in den Untergrund reinjiziert.

Eine Geothermische Dublette besteht aus 2 Bohrungen, einer Produktions- und einer Reinjektionsbohrung, die beide in den gleichen für die geothermische Nutzung verwendbaren Aquifer reichen. Der Aquifer muss eine ausreichend hohe Durchlässigkeit (Permeabilität) und Temperatur aufweisen. In weiterer Folge wird die Energie des Thermalwassers entweder über einen Wärmetauscher abgenommen oder rin Fluid wird direkt durch Druckentlastung verdampft und durch Turbinen geleitet, die Strom erzeugen. Bereits ab 80°C kann mit Hilfe einer ORC-Anlage (Organic Rankine Cycle) oder dem Kalina Prozess Strom erzeugt werden. Da Hochenthalpiefelder mit hoher Temperatur bereits nach geringer Bohrtiefe eher die Ausnahme sind, werden viele Anlagen in Niederenthalpiefeldern mit geringeren Temperaturen errichtet und erzeugen Fernwärme oder werden als Kraft-Wärme Kopplung (Strom und Fernwärme) ausgelegt um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Nachdem die Energie dem Fluid entzogen wurde, wird es in den allermeisten Fällen wieder reinjiziert. Der Abstand zwischen den Bohrungen bzw. den Landepunkten bei abgelenkten Bohrungen beträgt dabei üblicherweise 1000 – 2000 m.

Die Reinjektion hat mehrere praktische Gründe, ohne sie würde im Aquifer mit der Zeit ein Druckabbau stattfinden, wenn größere Mengen an Wasser entnommen werden. Des Weiteren können die entnommenen Wässer reich an gelösten festen Stoffen sein und selbst nach Wärmenutzug noch Temperaturen aufweisen, welche einer Ableitung in den Vorfluter entgegenstehen. Auch aus wasserrechtlicher bzw. wasserwirtschaftlicher Sicht ist im Regelbetrieb einer geothermischen Dublette eine vollständige Reinjektion erforderlich.

Aus den genannten Gründen stellt das Gelingen der Reinjektion eine der  Voraussetzungen für den Betrieb einer geothermischen Dublette dar. In Sandsteinhorizonten gibt dieses Thema immer wieder Anlass zur Sorge, wenn nicht der gesamte geförderte Volumenstrom wieder in den Untergrund reinjiziert werden kann, was im schlimmsten Fall ein Projekt gefährdet.

Projektverlauf

Das Projekt Reinjektion wurde in 6 Arbeitspakete geteilt:

  • Recherche
  • Probenauswahl und Klassifizierung geeigneter Sandsteine
  • Probenauswahl und Charakterisierung geothermaler Fluide
  • Permeabilitätsmessungen (Durchflussexperimente)
  • Modellierung und Simulation des Reinjektionsprozesses
  • Projektmanagement

Ergebnisse

Vor jeder genaueren Betrachtung einer möglichen Reduktion der Sandsteinpermeabilität durch den Reinjektionsprozess müssen vor der Erschließung Untergrunddaten über das  Geothermische Reservoir  „Sandstein“ erhoben werden. Je größer die Mächtigkeit und je höher die Durchlässigkeit der Sandsteinformation ist, desto höher ist auch die erzielbare Fördermenge und Reinjektionsrate.

Wie das Projekt in Fürstenfeld zeigt, kann es jedoch auch bei fündiger Bohrung zu einem Versagen der Reinjektion kommen.

Nachfolgend werden die erkannten Mechanismen, die zu einer Reduktion der Reinjektion führen können, einzeln betrachtet und Empfehlungen abgegeben:

  • Störung des Aquifer­korngefüges

Da es bei jeder Bohrung zu einer mechanischen Veränderung des Korngefüges der bohrlochnahen Umgebung kommt, kann dieser Faktor derzeit nicht komplett behoben werden. Es besteht daher Bedarf, mit einer gezielten Sondenentwicklung und Sondenbehandlung, z.B durch Kolben (Swab) oder durch andere noch zu erarbeitende Maßnahmen, die Anbindung an den Aquifer zu verbessern und Eintrittsverluste zu minimieren.

  • Porengeschwindigkeit

Die Porengeschwindigkeit, bei der noch kein turbulentes Fließen einsetzt, soll vor der Durchführung von Tests erhoben werden. Hierfür ist jedoch ein Kern mit einem anschließend durchzuführenden gezielten Untersuchungsprogramm erforderlich.

 

  • Reinjeketionstemperatur

Aus den Durchflussexperimenten geht hervor, dass die Permeabilität mit abnehmender Temperatur steigt. Aus diesem Grund wird eine kaskadische Nutzung empfohlen. Dies steigert einerseits durch das höhere ΔT die effektive thermische Leistung zu entnehmende Wärme und anderseits kann die Reinjektibilität des Fluids erhöht werden, was zusätzlich geringere Leistung der Reinjektionspumpe erfordert.

 

  • Tonmineralmobilisierung

Wie die Durchflussexperimente gezeigt haben, üben die Parameter Fließgeschwindigkeit und Temperatur einen Einfluss auf die Permeabilität des Sandsteins aus.

Wird eine kritische Fließgeschwindigkeit überschritten, kann es durch hydrodynamische Vorgänge zu einer Mobilisierung der im Sandstein enthaltenen Tonminerale kommen. Die Fließgeschwindigkeit lässt sich ohne Verringerung der Injektionsrate nur durch die Sondenkomplettierung erniedrigen. Da die Fließgeschwindigkeit mit zunehmendem Abstand vom Bohrloch exponentiell abnimmt, lässt sie sich in der bohrlochnahen Formation durch Underreaming (Anm.: bohrtechnische Kalibererweiterung) und Einbau eines gravel packs (Filterkiespackung) verringern.

Die Sinnhaftigkeit der Zugabe von Chemikalien soll geprüft werden, mit dem Ziel die Tonminerale in der bohrlochnahen Formation an die Porenwand zu binden und damit eventuell eine Mobilisierung zu verhindern.

Die Erarbeitung einer Prozedur zur Durchführung von Durchflussexperimenten an Proben, die wesentlich kleiner als Plugs sind, erscheint sinnvoll. Diese könnten vor und nach den Messungen mit höherer Auflösung und mit nachfolgender numerischer Modellierung gescannt werden.

 

  • Suspendierte Partikel im Thermalwasser

Es ist besonders darauf zu achten, dass das Thermalwasser feststofffrei in die Reinjektionssonde gelangt! Je nachdem, wo die Partikel ins System gelangen, kann mit technischen Mitteln der Partikeleintrag minimiert werden. Durch eine fachgerecht ausgeführte und an die jeweiligen geologischen Bedingungen angepasste Sondenkomplettierung (z.B. mittels teufengerechter Perforation / Ausbau mittels Wickeldrahtfilter) kann die Menge an suspendierten Feststoffen verringert oder verhindert werden. Die dennoch vorhandenen Partikel aus der Formation und die in der Produktionssonde z.B. durch Korrosion neu entstanden Partikeln können in beschränktem Umfang mittels Obertagefilter entfernt werden.

Auch innerhalb der Reinjektionssonde können z.B. durch Korrosion wieder Partikel generiert werden. Dies lässt sich mit einer auf den Chemismus des Thermalwassers angepassten Materialwahl vermeiden. Wie bei der Produktionssonde kommt auch bei der Reinjektionssonde dem Sondenausbau große Bedeutung hinzu. Wenn Sandstein­formationen heterogen aufgebaut sind, müssen mit Hilfe von geophysikalischen Methoden die Bereiche mit den höchsten Durchlässigkeiten und den geringsten Tonmineralgehalten für die Verfilterung / Perforation ausgewählt werden.

 

  • Mineralausfällungen

Um zielführende Gegenmaßnahmen nennen zu können, muss ein standortspezifisches hydrogeochemisches Modell aufgesetzt werden. Je nach angelegtem Systemdruck und Höhe der Temperaturabnahme können Mineralausfällungen in bestimmten Fällen vermieden werden.

Um eine Oxidation von gelöstem zweiwertigem zu unlöslichem dreiwertigem Eisen zu vermeiden, muss akribisch darauf geachtet werden, dass das Thermalwasser nicht in Kontakt mit Luftsauerstoff gerät.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    838744
  • Koordinator
    Technisches Büro für Hydrogeologie und Geothermie Bernd Thomas Böchzelt
  • Projektleitung
    Bernd Thomas Böchzelt, office@hydro.or.at
  • Schlagwörter
    Geothermie, Permeabilität, pore plugging, Reinjektion, Sandstein
  • Förderprogramm
    Energieforschung (e!MISSION)
  • Dauer
    01.2013 - 07.2017
  • Budget
    433.453 €