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HTESDürn Hochtemperaturwärmespeicher für Wärmeknoten Dürnrohr

Für den Wärmeknoten am Standort Dürnrohr wurde eine Entscheidungsgrundlage für eine optimierte Speicherauswahl erarbeitet. Dazu wurde eine detaillierte technisch-ökonomische Betrachtung der in Frage kommenden Wärmespeichertechnologien (Ruths-Speicher als Referenztechnologie, Festbettregenerator, Latentwärmespeicher und SandTES-Technologie. Die zuletzt genannte Technologie stellt eine aktive, sensible Speichertechnologie basierend auf der Wirbelschichttechnologie und dem Gegenstromwärmetauscherprinzip dar.) durchgeführt.
Um die Wirtschaftlichkeit der entwickelten Speicherkonzepte für den Wärmeknoten Dürnrohr abschätzen zu können war eine detaillierte Auslegung der Speicher sowie eine Kostenrechnung, mit dem Ziel die spezifischen Speicherkosten jeder Variante zu ermitteln, notwendig. Diese Kostenermittlung basierte einerseits auf gängige Industriepreisen, welche sowohl den Stahlbau, als auch den Fertigungsaufwand berücksichtigen. Die Zukaufkomponenten (Speichermaterial, Ventile, Klappen, Gebläse, etc.) wurden separat bei den jeweiligen Herstellern angefragt und gegebenenfalls skaliert. Andererseits wurden die Betriebskosten anhand der berechneten Hilfsenergieleistungen abgeschätzt.

Ausgangssituation

Der Wärmeknoten Dürnrohr wurde im Zuge der Errichtung der Müllverbrennungsanlage in Dürnrohr errichtet, und später mit dem Bau der dritten Linie um eine weitere Dampfturbine erweitert.
In den Wärmeknoten speisen verschiedene Wärmeerzeuger ein: drei Linien der Müllverbrennungsanlage (AVN Linie 1, 2 und 3) und der 2. Block des Kohlekraftwerks Dürnrohr. Der Dampf aus dem Wärmeknoten versorgt verschiedene Abnehmer: Zunächst wird der Dampf über die Turbinen geleitet und Strom erzeugt. Je nach Wärmebedarf wird der Dampf einer der Turbinen (EVZ 2) entnommen und in den Wärmeknoten eingespeist. Aus diesem Wärmeknoten kann der Dampf in das Fernwärmenetz für die Region Tulln St. Pölten eingespeist werden sowie für die Eigenversorgung der Müllverbrennungsanlage und als Prozessdampf für die Bioethanolanlage der Firma AGRANA genutzt werden.

Die Leistungen, Massenströme und Temperaturniveaus der einzelnen Verbraucher variieren zum einen prinzipiell (der Dampf für einen Prozess hat andere Anforderungen als ein Fernwärmenetz) und zum anderen je nach Jahreszeit (insbesonders die Fernwärmeauskopplung).

Müll ist keine einheitliche Substanz, vielmehr handelt es sich um heterogene Mischungen unterschiedlichster aufbereiteter Sekundärbrennstoffe aus Haushalt, Industrie oder Gewerbe. Der Heizwert der am Verbrennungsrost befindlichen Fraktion kann kurzfristig erheblich schwanken. Damit schwankt aber inhärent auch die erzeugte Dampfmenge der Müllverbrennungslinien. Diese Schwankungen können am Eingang der Dampfturbine EVZ2 innerhalb von etwa 15 Minuten bis zu 10t/h Dampf auf- bzw. abwärts betragen.
Wenn auch das Kohlekraftwerk Dürnrohr in Betrieb ist, und in den Wärmeknoten einspeist, kann die Feuerungsregelleistung des Dampfkraftwerks Schwankungen im Wärmeknoten ausgleichen. Allerdings sind die Einsatzzeiten des kalorischen Kraftwerks in der Regel sehr viel geringer, als die der Müllverbrennungsanlagen da, aufgrund des hohen Anteils an erneuerbarer Energien im Stromnetz dies mit einem Rückgang der Auslastung des Kohlekraftwerks verbunden ist. Dadurch steigt die Anzahl der notwendigen aber teuren Anfahrvorgänge für das Kohlekraftwerk.
Zudem ist der Anfall von Müll über das Jahr Schwankungen unterworfen. Besonders um die Weihnachtszeit kommt es immer wieder zu Engpässen und die Betriebsführung der Müllverbrennungsanlage muss mit dem Brennstoff „Müll“ planvoll umgehen. Erschwerend kommt in dieser Zeit hinzu, dass im Fernwärmenetz (insbesondere morgens) erhebliche Lastspitzen zu verzeichnen sind.
Aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht stellt daher die Integration thermischer Energiespeicher in das Wärmenetz Dürnrohr einen vielversprechenden Lösungsansatz dar. Ein thermischer Energiespeicher kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Spitzen zu glätten und das Lastprofil der Kessel zu „vergleichmäßigen“.

Projektverlauf

Zu Beginn des Projektes wurden die Randbedingungen für den Einsatz der zu untersuchenden Speichertechnologien (Ruths-Speicher, Festbettregenerator, Latentwärmespeicher und SandTES-Technologie. Letztere stellt eine aktive, sensible Speichertechnologie basierend auf der Wirbelschichttechnologie und dem Gegenstromwärmetauscherprinzip dar.) im Wärmeknoten Dürnrohr erarbeitet. Dazu wurde von Seiten des Projektpartners EVN der Bedarf an benötigter Speicherkapazität, Speicherleistung, die Lade- und Entladeparameter sowie die Ent- und Beladezeit für den Wärmeknoten Dürnrohr ermittelt und mögliche Einbindungsszenarien für die Speicher diskutiert.
Als Referenzvariante für die Speicherauslegung wurde die Integration von Ruths-Speicher in den Wärmeknoten Dürnrohr festgelegt. Dazu erfolgte eine Dimensionierung der Speicher und deren Hilfsaggregate sowie der zugehörigen Verbindungsleitungen basierend auf den Einsatzszenarios des Referenzfalles. Anschließend an die wärmetechnische Auslegung der Speicher erfolgte eine numerische Systemanalyse des Gesamtprozesses um Aussagen zur Interaktion des Wärmeknotens mit der eingesetzten Speichertechnologie zu erhalten.
Basierend auf den ermittelten Einbindungsmöglichkeiten der Speicher in den Wärmeknoten Dürnrohr wurden die verbleibenden drei thermischen Speichertechnologien ausgelegt und für die Systemanalyse in ein Modell des Wärmeknotens integriert. Dazu wurde wieder eine Dimensionierung der Speicher und deren Hilfsaggregate sowie der zugehörigen Verbindungsleitungen basierend auf den Einsatzszenarien durchgeführt. Um Aussagen zur Interaktion des Wärmeknotens mit den einzelnen eingesetzten Speichertechnologien zu erhalten wurden wieder numerische Systemanalysen der Gesamtprozesse durchgeführt.
Im Weiteren wurden für die einzelnen Speichertechnologien Anfragen an Herstellerfirmen für die unterschiedlichen Komponenten der Speicher, wie z.B. Wärmetauscher, Ventile, Klappen, Gebläse, Hebezeuge, usw. gesendet und deren Rückantworten gesammelt. Damit konnten die investgebundenen Kosten der Speicherintegration (CAPEX) ermittelt werden. Auf Basis der entwickelten Anlagenkonfigurationen wurden Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt und die verbrauchsgebundenen Kosten für die Speicherintegration (OPEX) ermittelt.
Abgeschlossen wurden das Forschungsprojekt mit einer techno-ökonomischen Evaluation der Speicherintegration und mit einer Empfehlung für die weiteren Schritte bei einer tatsächlichen Umsetzung der Speicherintegration.

Meilensteine

  1. Definition Referenzanlage
  2. Einbindungsmöglichkeiten Speicher
  3. Dimensionierung Speicher Referenzanlage
  4. Simulationen Referenzanlage
  5. Dimensionierung Speicher
  6. Simulationen Gesamtsystem
  7. Kostenermittlung
  8. Kostenanalyse

Ergebnisse

Im Zuge des durchgeführten Forschungsprojektes wurden vier Speichertechnologien, Ruths-Speicher, Festbettregenerator, SandTES-Technologie und Latentwärmespeicher, auf Ihre Eignung und ihren Kosten bei einer Integration in den Wärmeknoten Dürnrohr hin analysiert. Wie die Untersuchungsergebnisse gezeigt haben, sind alle Technologien dazu geeignet die für die Speicherintegration geforderten Randbedingungen zu erfüllen.
Die auf die Dimensionierung der Speicher anschließende Kostenanalyse hat ergeben, dass der Ruths-Speicher aufgrund seiner deutlich höheren Investitionskosten (ca. 47% bezogen auf die Kosten der SandTES-Technologie mit Längsrippen) im vorliegenden Fall (hohe Speicherenergie von 70MWth) wirtschaftlich eindeutig schlechter gestellt ist. Die Kosten für die SandTES-Technologie, Latentwärmespeicher und Festbettregenerator liegen dagegen in gleicher Größenordnung.

Werden die Randbedingungen für die Speicherintegration näher betrachtet, so ist erkennbar, dass im Beladefall überhitzter Dampf teilkondensiert und im Endladefall Sattwasser vollständig verdampft und geringfügig überhitzt wird. Die dabei ablaufenden Wärmetransportvorgänge sind größtenteils (speziell im Falle der Entladung des Speichers) mit einer Änderung des Aggregatszustandes des Wärmeträgermediums verbunden. Dieses Betriebsverhalten des Wärmeträgermediums entspricht annähernd dem eines Latentwärmespeichers. Dies spricht, bei gleichen Investitionskosten gegenüber dem Festbettregenerator und der SandTES-Technologie, für eine bevorzugte Integration der Latentwärmespeichertechnologie in den Wärmeknoten Dürnrohr.

Würde eine sofortige Investitionsentscheidung anstehen, so wäre zu berücksichtigen, dass die SandTES-Technologie bisher nur im Pilot-Maßstab mit längsangeströmten Glattrohren getestet wurde, und dass beim Festbettregenerator die Frage nach dem Thermal Ratcheting bei großen Speicheranlagen noch nicht hinreichend geklärt ist.
Es ist zu hoffen, dass beide Punkte in den nächsten Monaten und Jahren geklärt werden können.

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Steckbrief

  • Projektnummer
    865112
  • Koordinator
  • Projektleitung
    Heimo Walter, heimo.walter@tuwien.ac.at
  • Partner
  • Schlagwörter
    Festbettregenerator, Latentspeicher, Ruths-Speicher, SandTES-Technologie, Thermische Speicher, Wärmeknoten
  • Förderprogramm
    Energieforschungsprogramm
  • Dauer
    03.2018 - 08.2019
  • Budget
    131.483 €