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NextGenerationHeat Niedertemperaturfernwärme am Beispiel unterschiedlicher Regionen Österreichs mit niedriger Wärmebedarfsdichte.

Ziel des Projektes ist es, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Konzepte für Niedertempe-raturfernwärmenetze für unterschiedliche Regionen Österreichs mit Hilfe der vier repräsentativen Fall-beispiele Güssing, Wien, Wörgl und Graz zu entwickeln. Hierbei werden unterschiedliche Kopplungs-szenarien und Randbedingungen bzgl. der lokalen Abnahme und Produktion von Wärme, aber auch unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen vergleichend betrachtet. Des Weiteren werden techni-sche Lösungsmöglichkeiten zur hygienischen Bereitstellung von Warmwasser bei niedrigen Vorlauftem-peraturen entwickelt und evaluiert.

Ausgangssituation

Eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Deckung des geringen Raumwärmebe-darfs von Passiv- und Niedrigenergiehäusern mit Fernwärme kann durch den Einsatz niedriger Vorlauf-temperaturen erfolgen. Dies führt zu einer Reduktion der Wärmeverluste und der Netzinvestitionskosten und erhöht das Potential zur Einspeisung von Wärme-energie aus erneuerbaren Quellen und von indust-rieller Abwärme.

Projektverlauf

Hierzu werden zuerst geeignete Szenarien für die Umsetzung von Niedertempe-raturfernwärmenetzen erarbeitet. Wesentliche Abnehmer- und Erzeugercharakteristika werden ermittelt und bestimmte Verbraucher werden für eine vereinfachte Gebäudesimulation modelliert. Hierauf basie-rend werden technische Systemvarianten zur Umsetzung von Niedertemperaturfernwärmenetzen und zur Warmwassererzeugung entwickelt und evaluiert, ein Schwerpunkt liegt auf den Einsatz geeigneter Wärmepumpen. Abschließend werden die jeweiligen Fallbeispiele analysiert und geeignete Umset-zungskonzepte ausgewählt. Hierbei werden sowohl dynamische Netzwerksimulationen zur Darstellung der komplexen Wechselwirkungen im Gesamtsystem als auch detaillierte Wirtschaftlichkeitsrechnun-gen durchgeführt. Für sinnvolle Varianten werden Monitoringkonzepte entwickelt und die Verbraucherakzep-tanz diskutiert, erste Geschäftsmodelle werden skizziert.

Ergebnisse

Folgende wesentliche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Projektergebnissen ziehen:

1. Für die hygienisch einwandfreie und normgerechte Bereitung von Warmwasser bei Vorlauftem-peraturen unter 65°C steht eine Reihe technischer Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung, inklusi-ve der direkten Erwärmung ohne Speicherung (im Durchlaufprinzip) oder die Nutzung sogenann-ter „Booster“, die mit Hilfe von z.B. Heizstäben oder Wärmepumpen das Temperaturniveau des Warmwassers oder die sekundärseitige Vorlauftemperatur lokal erhöhen. Booster-Lösungen sind besonders dann sinnvoll, wenn die Netztemperaturen zu gering sind oder das Warmwasser bei größeren Abnehmern wie z.B. Hotels gespeichert werden muss.

2. Niedrigere Vorlauftemperaturen verursachen im Regelfall höhere Verbraucherseitige Investitions-kosten für die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser. Dementsprechend hängt die
Wirtschaftlichkeit von Niedertemperaturfernwärmenetzen im Wesentlichen von der Verfügbarkeit kostengünstiger Wärmequellen ab. Die Verringerung der Wärmeverteilverluste aufgrund des niedrigeren Temperaturniveaus hat in urbanen Gebieten mit hohen Wärmebedarfsdichten einen untergeordneten Effekt. In Ländlichen Gebieten mit geringeren Wärmebedarfsdichten spielen hingegen niedrigere Wärmeverluste und Investitionskosten eine steigende Rolle.

3. Die Ausführung von Niedertemperaturfernwärmenetzen als Rücklaufanschluss und die damit verbundene Reduktion der Rücklauftemperaturen im Gesamtnetz haben folgende wesentliche Vorteile: a) Bei konstanter Anschlussleistung sinkt der Massestrom im Netz, es reduzieren sich die Pumpstromkosten. Bei gleichem Massenstrom erhöht sich die Netzwerkkapazität (Ermögli-chung des Anschlusses von neuen Kunden). Im Auslegungsfall können die Transportleitungen kleiner dimensioniert werden, was in geringeren Investmentkosten resultiert. b) Im Falle des Neubaus oder Austauschs von Netzabschnitten können an die niedrigeren Temperaturen ange-passte Rohrleitungsmaterialien verwendet werden, die ggf. kostengünstiger bzw. einfacher zu verlegen sind. c) das Potential zur Integration von Wärmequellen mit niedrigem Temperaturni-veau, wie z.B. Solarthermie, Wärmepumpen oder Abwärme wird erhöht. Durch die Rücklauftem-peraturabkühlung kann in Entnahme-Kondensation-Kraftwerken Brennstoffausnutzgrad steigern, in Entnahme-Gegendruck-Heizkraftwerken steigt der erzeugte Stromanteil und d) durch die ge-ringeren Netzwerktemperaturen reduzieren sich die Wärmeverteilverluste. Die Quantifizierung dieser Effekte ist jedoch nicht einfach und nicht Inhalt des gegenständlichen Projektes. Untersu-chungen im Fernwärmesystem von Göteborg zeigen, dass die Reduktion der Rücklauftemperatu-ren dementsprechend mit einer Reduktion der Betriebskosten verbunden ist. Diese werden auf 0,15€ / (°C MWh) angegeben1. Auf ähnliche Ergebnisse kommen Frederiksen und Werner2 Eine wesentliche Randbedingung für Rücklaufanschlüsse ist eine bekannte und konstante Strömungs-richtung der Rücklaufleitung. Bei der direkten Verwendung des Rücklaufes von Hochtempera-turnutzern ist eine gesonderte Analyse der Profile notwendig.

4. Eine optimierte Auslegung von Niedertemperaturfernwärmenetzen erfordern die verstärkte Be-rücksichtigung dynamischer Effekte wie z.B. die Regelung von Wärmepumpen (entweder als zentrale Erzeuger im Zusammenspiel mit anderen Quellen und Speichern, oder im Einsatz als Booster für die Warmwasserbereitung), die Abstimmung unterschiedlicher Erzeuger- und Ver-braucherprofile, Lade- und Endladestrategien von Speichern (primärseitig als Netzspeicher, aber auch sekundärseitig für die Warmwasserbereitung), Regelungsstrategien für die Einspritzschal-tung vom Hochtemperatur-Vorlauf in den Niedertemperaturvorlauf etc. Üblicherweise genutzte Planungs- und Auslegungstools können diese Effekte nicht berücksichtigen.

5. Wesentliche Unsicherheiten bei der Wirtschaftlichen Bewertung ergeben sich aus den Investiti-onskosten des Niedertemperaturfernwärmenetzes, insbesondere verursacht durch Verbraucher-seitige Komponenten, die bislang noch nicht in der Serienproduktion verfügbar sind. Dieses be-trifft insbesondere die Übergabestationen mit Booster Wärmepumpen, die bislang nur in einer Kleinserie gefertigt wurden. Des Weiteren treten Unsicherheiten bei den Investitionskosten für Standard-Komponenten wie Rohrleitungen oder Übergabestationen auf, diese variieren stark ab-hängig von dem Volumen des Gesamtauftrages bzw. der Anzahl der bestellten Komponenten und der Geschäftsbeziehung zu dem Hersteller.

6. Die aktuellen Entwicklungen im Gebäudebereich in Österreich deuten darauf hin, dass die Reali-sierung von NT-Fernwärmenetzen in vielen Regionen Österreichs wirtschaftlich und ökonomisch bereits jetzt sinnvoll ist bzw. in naher Zukunft sein wird. Vor allem in Ballungsräumen mit hoher Neubaurate und Wärmebedarfsdichte, in denen Umgebungswärme oder industrielle Abwärme genutzt werden können bzw. Rücklaufanschlüsse realisiert werden können, bestehen optimale Bedingungen für den Einsatz eines NT-Fernwärmesystems.
Um die Barrieren für Niedertemperaturfernwärme, wie etwa höhere Kosten auf der Verbraucherseite zu überwinden, wurden abschließend verschiedene Geschäftsmodelle und Anreizsysteme im Rahmen von Workshops und Interviews mit verschiedenen Stakeholdergruppen identifiziert und evaluiert. Hierbei zeigte sich, dass die Bewertung von Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und Motivationssteigerung je nach Gruppe (FW-Kunden/Bauherren, FW-Versorger/Netzbetreiber/Erzeuger, Energiedienstleister, Stadtentwicklung) stark unterschiedlich bewertet werden. Gesetzliche Vorgaben haben erwartungsge-mäß eine gleich hohe relevant bei allen Akteuren.

 

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Steckbrief

  • Projektnummer
    834582
  • Koordinator
    AIT Austrian Institute of Technology GmbH
  • Projektleitung
    Ralf-Roman Schmidt, ralf-roman.schmidt@ait.ac.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    06.2012 - 05.2015
  • Budget
    997.317 €