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LixSi Nanoskalige siliziumbasierte Anodenmaterialien für Lithium-Ionen-Zellen

 

Ausgangssituation

Die Existenz der heute überall verwendeten tragbaren elektronischen Geräte wäre ohne wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien (LIB) kaum möglich. Der Anwendungsbereich wächst ständig weiter und somit erhöhen sich auch die Anforderungen an die Batterien. Mit höchster Intensität wird z.B. nach wieder aufladbaren Hochleistungsbatteriesystemen für die Elektromobilität gesucht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Batterien der nächsten Generation(en) wesentlich höhere Energiedichten als bisher aufweisen, dabei hohe Zuverlässigkeit bieten und leistbar sein. 

Die Technologie von konventionellen LIB-Zellen kombiniert meist eine Graphit-Anode (tlw. auch Lithiumtitanat) mit einer Lithium-Metalloxid- oder -Phosphatkathode wie LiCoO2, LiMn2O4, LiFePO4. Potenzielle Kandidaten zur notwendigen Erhöhung der Energiedichte sind Legierungen des Typs LixM (mit M = Si, Sn, Sb, Mg,…). Silizium (Si) stellt durch seine nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit und den hohen Entwicklungsgrad seiner Herstellungstechnologie eine besonders attraktive Alternative dar. Si-Anoden litten jedoch bisher unter massiven Volumenänderungen der Elektrode beim wiederholten Ein- und Ausbau von Lithium. Rissbildung, Versprödung und Dekontaktierung führten schließlich zu kritischen Kapazitätsverlusten. Durch Nanostrukturierung dieser Materialien konnte ihre mechanische Stabilität beim Auf- und Entladen (Zyklisieren) wesentlich verbessert werden. Das LixSi-Projekt untersuchte die prinzipielle Anwendbarkeit dieser Strategie für stark lithiumhaltige Siliziumlegierungen sowie Si-basierte Komposite. 

Durch intensive physikalisch-chemische Charakterisierung des synthetisierten Materials (zerstörungsfreie sowie post mortem- Phasenanalytik) wurde die Partikelstruktur aufgeklärt und konnten detaillierte Erkenntnisse über den Lithiierungsprozess gewonnen werden. Zu den weiteren Aufgaben gehörte die Suche nach einem kompatiblen Elektrolyten, das Studium der elektrochemischen Prozesse am Anoden-Elektrolyt-Interface sowie die Assemblierung von Knopfzellen, aus deren Testläufen im Labor auf die elektrochemischen Eigenschaften des neuen Materials geschlossen werden konnte.

Die Projektergebnisse bilden eine Basis für weitere Entwicklungen; diese dauern im Batteriebereich von den Erstversuchen bis zum marktreifen Produkt typischerweise mindestens zehn Jahre.

Projektverlauf

1.1  Synthese von Li-Si Legierungen und porösen nanoskaligen Si-Pulvern(Paris-Lodron-Universität Salzburg)

Herstellung von neuartigen Anodenmaterialien und –architekturen auf der Basis von hochporösem bzw. nanoskaligem Silizium über chemische Reduktion von Siliziumdioxid, sowie Entwicklung von Legierungsverfahren zu phasenreinen LixSi unter Erhalt der Nanostrukturierung des Si-Vorläufermaterials. Durch das spezifische Design von SiO2-Strukturen wurden Templatstrukturen generiert, die durch eine pseudomorphe Umsetzung mittels Reduktion Zugang zu in Bezug auf Partikelgröße, Partikelvernetzung, spezifische Oberflächen, Kristallinität maßgeschneiderten Siliziumpartikeln lieferten. Die so hergestellten Si-Partikel wurden in einem weiteren Reaktionsschritt über chemische Legierungsverfahren gezielt zu LixSi-Legierungen umgesetzt, die durch die Präinsertion von Lithium eine deutlich erhöhte Stabilität bei der elektrochemischen Zyklisierung zeigen sollten (kleinere Volumenausdehnung, niedrigerer Kapazitätsverlust).

  • Gezielte Herstellung von SiO2-Templatstrukturen mit variabler Netzwerkstruktur durch Sol-Gel Prozesse
  • Pseudomorphe Gasphasenreaktionen durch Reduktion analog zu folgender Reaktionsgleichung:

SiO2 + 2 Mg → Si + Mg2Si + MgO

  • Screening
  • Einsatz von chemischen Legierungsverfahren (thermochemisch) zu definierten phasenreinen LixSi Lithiumsiliciden.

1.2   Oberflächenmodifikation von Si-basierten Materialien (AIT Austrian Institute of Technology)

Die Ziele waren: (1) Beschichtung von Si-Nanostrukturen mit Kohlenstoff, (2)  Beschichtung von Si-Nanostrukturen mit Metalloxiden. Die Hauptmotivation für die Beschichtung von Si-Nanostrukturen mit Kohlenstoff in den Porenkanälen war eine Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit des Materials und somit eine positive Beeinflussung der Kinetik der ablaufenden elektrochemischen Prozesse beim Li- Ein- bzw. Ausbau im Kompositmaterial. Nano-Metalloxide unterstützten zusätzlich die Bildung des SEI-Films (solid-electrolyte interphase) und trugen zur chemischen Stabilität des Elektrodenmaterials bei. Die eingesetzte Beschichtungsmethode ist als „Substrat-Induzierte Koagulation“ (SIK) bekannt.

1.3   Physikalisch-chemische Charakterisierung (Technische Universität Wien)

Die Parametrierung des Herstellungsprozesses zu überwachen, zu korrigieren bzw. zu bestätigen stellte ein wesentliches Ziel dieses Arbeitspaketes dar. Weiterhin sollte durch die Charakterisierung der elektrochemischen und strukturellen Eigenschaften der Prozess der Lithiierung auf lokaler atomarer Ebene verstanden werden. Die dynamischen Abläufe wurden im Rahmen von in-situ Experimenten aufgeklärt. Die Phasenanalytik und Charakterisierung der hergestellten Si-Komposite stellte eine zentrale Aufgabe im Projekt dar, da die atomare Anordnung und Mikrostruktur einen wesentlichen Einfluss auf die elektrochemischen Eigenschaften haben. Da Lithiierungs-Prozesse mit Diffusionsvorgängen verbunden sind, die von der lokalen Ordnung/Unordnung von Atomen bestimmt sind, ist speziell die Kenntnis der lokalen atomaren Anordnung in den Si-Kompositen von besonderem Interesse. Daher wurden neben der Bestimmung der gemittelten Struktur und Untersuchungen begleitend zum Herstellungsprozess spezielle Mess- bzw. Auswertungsmethoden zur Aufklärung der lokalen Struktur eingesetzt. Im Einzelnen waren es:

  • Röntgen-Diffraktionsmethoden zur strukturellen Charakterisierung begleitend zum Herstellungsprozess;
  • Analyse der lokalen Struktur zur Aufklärung der Fehlordnungsstruktur innerhalb der Phasen;
  • Elektrochemische Charakterisierung; In-situ Diffraktionsuntersuchungen im Mikrometermaßstab zur Korrelation der strukturellen und elektrochemischen Eigenschaften.

1.4   Elektrochemische Untersuchungen (CEST Kompetenzzentrum für Elektrochemische Oberflächentechnologie  GmbH)

Dieses Arbeitspaket umfasste zwei Punkte.

(1)  Identifizierung der grundlegenden elektrochemischen Kenndaten (Elektrolyt + Anode).

Unter den in LIB stattfindenden Nebenreaktionen ist zum einen die Elektrolytdegradation ein wichtiger Prozess für die Ausbildung des SEI (Feststoff-Elektrolyt-Interphase) und zum anderen bilden sich während des Betriebes an den Elektroden neue Phasen, welche sich negativ auf Leistungsdaten auswirken können. Des Weiteren zeigen die Batteriematerialien der nächsten Generation, wie auch das in diesem Projekt untersuchte Silizium (neben der erwünschten höheren Kapazität und Zellspannung) Degradationserscheinungen, welche durch hohe Volumenänderungen während des Lade/Entladeprozesses induziert werden. Dies führt zu einem Verlust an aktiver Masse durch Partikelbildung und folglich zu einem Kapazitätsverlust. Durch das erlangte Verständnis der stattfindenden Nebenprozesse können Lösungsansätze zur Stabilisierung des Feststoff-Elektrolyt-Interface erarbeitet werden. Zusätzlich wurden zu dem Schwerpunkt dieses Arbeitspaketes (Identifizierung und Verständnis der Grenzflächenprozesse) weitere Parameter, wie die Partikelform, die Elektrolytzusammensetzung, Bindemittel, Additive und das aktive Material selbst untersucht und optimiert.

(2) Assemblierung und elektrochemische Charakterisierung von Knopfzellen

Der Fokus im Arbeitspaket 5.2 lag auf der für die in-situ Charakterisierung notwendigen Assemblierung der elektrochemischen Zelle. Mit dieser konnten dann die elektrochemischen in- situ Charakterisierungen von Si-basierten Anoden und die Simulation von Lade- und Entladeprozessen in der Lithiumionenbatterie durchgeführt werden. Für die Optimierung des SEI wurden für jede Anodenvariante verschiedene Elektrolyt- und Additivsysteme untersucht. Das Ziel im AP 5 war zum einen die Assemblierung einer Knopfzelle für die elektrochemischen Untersuchungen in Lithiumionenbatteriesystemen. Zum anderen lag der Schwerpunkt in der Optimierung des Anoden-Elektrolyt-Interface. Dazu wurden geeignete Si-basierte Anoden, verschiedene Additive und Elektrolytzusammensetzungen mittels elektrochemischer Charakterisierungsmethoden untersucht, z.B. mit Elektrochemischer Impedanzspektroskopie, GITT und Zyklovoltammetrie.

Meilensteine

  1. Reguläre Projektmeetings
  2. Abschluss Projektmeeting
  3. Herstellung von nanoskaligem Si variabler Partikelgröße und Vernetzung
  4. Herstellung von chemisch legierten Li-Si Nanostrukturen
  5. Herstellung von Si-Kohlenstoff Komposite
  6. Herstellung von Si-Nano-Metalloxide Komposite
  7. Erarbeitung der lokalen Strukturanalytik für die Si-Kompositstrukturen
  8. Modellentwicklung und Simulation von Defektstrukturen für Si-Li Strukturen
  9. Anpassung der elektrochemischen Zelle auf dem XRD-Diffraktometer
  10. Durchführung/Modellierung und Interpretation der lokal aufgelösten in-situ Messung in der elektrochemischen Zelle
  11. Charakterisierung des elektrochemischen Verhaltens funktioneller Si-Anoden
  12. Charakterisierung des elektrochemischen Verhaltens von Si-Composite-Anoden
  13. Knopfzelle für elektrochemische Charakterisierung verfügbar
  14. Kickoff-Meeting

"Die Flamme scheint in der Dunkelheit, aber das Licht, das der Diamant hat, ist nichts, bis die Flamme darauf leuchtet."

– Michael Faraday –

Ergebnisse

Im Projekt wurde aus Silica (= Kieselalgen) gewonnenes nanostrukturiertes Silizium als Speichermaterial für Lithium-Ionen-Zellen auf seine prinzipielle Eignung untersucht.

Das reine poröse Silizium zeigte am Ende in Kombination mit einer Elektrolytmischung von 5 Gew.-% FEC + LP30 (1M LiPF6 in EC+DMC) in einer Halbzelle eine gute Zyklisierbarkeit, abzulesen an der hohen reversiblen spezifischen Kapazität. Es war zu sehen, dass die Porenstruktur des Nanokomposit-Siliziums beim ersten Lade-/ Entladezyklus im Vergleich zum Referenz-Silizium (50-70nm) eine geringere Volumenänderung bewirkte, weil mechanische Belastungen besser abgefangen werden konnten. Dies adressiert eines der Hauptprobleme, denen Silizium als Batteriematerial gegenübersteht, und bildet eine vielversprechende Grundlage für weitere, anwendungsnähere Forschungen.

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Steckbrief