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Energieverbrauch von Lebens- und Mobilitätsstilen – eine Analyse kritischer Gruppen

Die soziale Dimension eines nachhaltigen Energieverbrauchs steht in einem starken Spannungs-verhältnis zu anderen umweltpolitischen Zielen. Der Zugang zu Gütern, Dienstleistungen und anderen Personen soll gewährleistet werden und zwar unter möglichst geringen Belastungen für die Einzelne und den Einzelnen sowie der Umwelt bzw. der Gesellschaft. Um dieser Anforderung an zukünftige Politik und Technologien gerecht zu werden, ist es insbe-sondere notwendig, die Lebens- und Mobilitätsstile der Bevölkerung zu erheben, darzustellen und zu analysieren. Eine Fokussierung auf Zielgruppen ist dabei unabdingbar. E-NERG.STIL greift zwei kritische Bevölkerungsgruppen heraus: Kinderbetreuende: – Immer mehr Personen wollen Wohn-, Arbeits- und Kinderbetreuungsbedürfnisse vereinen und gehen dazu energieintensive Lebens- und Mobilitätsstile ein. Die in jüngerer Zeit starke Zunahme der kurzen Wege mit dem Pkw ist insbesondere auf diese Zielgruppe zurückzuführen, mit all ihren Folgewirkungen für das Gesamtverkehrssystem (wie Motorisierungsgrad, spezifische örtliche und zeitliche Überlastungen). – Auch wenn immer weniger Kinder geboren werden, steigt doch der Bedarf nach Kinderbetreuungs-angeboten – nicht zuletzt wegen wandelnder Erwerbsbiografien. – Kinderbetreuende können nicht immer autonome Entscheidungen treffen, da sie stets die Bedürfnisse ihrer Kinder mitberücksichtigen müssen (z.B. bei Mobilitätsstilen: Transport von Kinderwägen, hohes Aufkommen an Hol- und Bringwegen zu räumlich verstreuten Zielpunkten, Planungsunsicherheit durch kurzfristige Bedürfnisse der Kinder wie Krankheit, etc.). – Da die Kinderbetreuung derzeit überwiegend durch Frauen erfolgt, sind spezifische Frauenaspekte für die Wahl bestimmter Lebens- und Mobilitätsstile zu berücksichtigen (z.B. Chancengleichheit, Sicherheit im öffentlichen Raum). Junge Menschen am Ende ihrer Ausbildungszeit und am Beginn ihres Erwerbslebens: Diese Zielgruppe umfasst z.B. Lehrlinge am Ende der Berufsschule ebenso wie HAK-Schüler/innen vor der Matura oder Studierende am Ende ihres Studiums. Es wurde von der Definition über eine Altersspanne abgesehen, um die biografische Übergangszeit zwischen Ausbildung und Erwerbsleben in den Vordergrund zu rücken. – Junge Menschen von heute sind die CO2-Emittent/innen von morgen. Bei dieser Zielgruppe kann eine wesentliche Grundlage für den zukünftigen Energieverbrauch in Österreich gelegt werden. – Am Ende der Ausbildungszeit werden spätere Lebens- und Mobilitätsstile im Erwachsenen- bzw. Erwerbsleben geprägt. Genau in dieser Entwicklung liegt die Chance, nachhaltige Verhaltensweisen zu etablieren. Diese Studie geht daher unter anderem auf die Frage nach den spezifischen Hinter-gründen ein, warum diese Mobilitätsgruppe zu einem großen Teil von einer Nutzung des Umweltverbundes auf eine Nutzung motorisierter Individualverkehrsmittel wechselt. Darüber hinaus steht beim Wechsel von der Ausbildung zum Beruf oftmals auch die erstmalige Haushaltsgründung an. Auch hierbei – wie beim Mobilitätsstil – wird eine wesentliche Weichenstellung für den zukünftigen Energieverbrauch privater Hauhalte in Österreich gelegt. – Sie weisen eine hohe Affinität und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen innovativen Mobilitätsformen (z.B. Car-Sharing) und Technologien auf und können daher durch eine breitere Palette an Strategien angesprochen werden. Forschungsziele für diese beiden Gruppen: Im Sinne einer evidence-based policy benötigt die Umwelt- und Energiepolitik empirisch fundierte Aussagen, welche Lösungsmöglichkeiten im Bereich Wohnen und Arbeiten zur Verfügung stehen und welche Wirkungen von diesen Lösungsmöglichkeiten zu erwarten sind, um in Zukunft eine nachhaltige Energienutzung zu erreichen. Dabei sind Verkehrs- und Informationstechnologien ebenso in Betracht zu ziehen wie dichte und multifunktionale Siedlungsstrukturen, Informations-transfer, kooperative Lernprozesse zwischen Nutzer/innen und Planer/innen etc. Eine systematische Bewertung solcher Lösungsmöglichkeiten liegt zur Zeit noch nicht vor. Kinderbetreuende und junge Menschen am Ende ihrer Ausbildungszeit wurden als relevante Zielgruppen identifiziert. ENERG.STIL erarbeitet mit einem breiten, interdisziplinären Methoden-zugang bottom-up, aus der Perspektive der Nutzer/innen, ihre aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse und Lebenssituationen, untersucht sie auf Probleme und Chancen innerhalb der gegebenen Rahmen-bedingungen und ermittelt geeignete Lösungsansätze – bestehende Ansätze, weiterzuentwickelnde Ansätze oder gänzlich neue Ansätze. Diese Lösungsmöglichkeiten werden im Team und unter Einbe-ziehung von Expert/innen auf Sinnhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit, soziale Verträglichkeit, Anwendbar-keit etc. geprüft und münden in einen Maßnahmen- und Empfehlungskatalog, der die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppen mit konkreten Interventionsstrategien verknüpft und als Entscheidungs-basis für Politiker/innen und Planer/innen dienen kann. Mit diesen Ergebnissen wird die Möglichkeit geschaffen, in der zukünftigen Umwelt- und Energie-politik die spezifischen Anforderungen der untersuchten kritischen Gruppen zu berücksichtigen. In diesem Sinn dienen die Ergebnisse dieser Studie der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie, und berücksichtigen im Gegensatz zu bisherigen Studien neben der Dimension der Umwelt und der Wirt-schaft vor allem und umfassend die soziale Dimension des Energieverbrauchs.

Steckbrief

  • Projektnummer
    81767
  • Koordinator
    Universität Graz Wegener Center für Klima und Globalen Wandel
  • Projektleitung
    Karl Steininger, karl.steininger@uni-graz.at
  • Förderprogramm
    Neue Energien 2020
  • Dauer
    10.2008 - 12.2009
  • Budget
    175.216 €