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MAXREC Ganzheitliche Studie zur maximalen Ausnutzung der Abwärmeströme im Niedertemperaturbereich in drei österreichischen stahlverarbeitenden Unternehmen

Ziel des Projekts MAXREC ist es, ein ganzheitliches Konzept zur maximalen Nutzung der Abwärmeströme in drei österreichischen stahlverarbeitenden Unternehmen (Rohrwerk, Drahtwerk, Baustahlwerk) zu erarbeiten, um den Primärenergieeinsatz deutlich zu reduzieren. In der österreichischen stahlverarbeitenden Industrie werden jährlich ca. 32.239.489 GJ Öl, 46.675.484 GJ Erdgas und 0,93 GJ Strom eingesetzt. Vorstudien im letzten Jahr haben gezeigt, dass theoretisch ca. 5 % des Eigenstroms aus Abwärme erzeugt und ca. 10 % des Primärenergieeinsatzes vermieden werden können. In diesen stahlverarbeitenden Unternehmen ist demnach ein enormes Potenzial zur Ausnutzung von Abwärmeströmen zu sehen. In der stahlverarbeitenden Industrie werden die im Strangguss erzeugten Knüppel in Drehherdöfen oder Hubbalkenöfen erhitzt und weiterverarbeitet. Weitere im Verlauf des Fertigungsprozesses eingesetzte Ofentypen sind Patentieröfen, Härteöfen, Trockenöfen und Glühöfen zur Erstellung des gewünschten Gefüges. Diese Öfen verfügen über eine rekuperative als auch regenerative Vorwärmung der Verbrennungsluft, trotzdem entweicht das Ofenabgas noch bei einer Temperatur von ca. 300 °C. Im Verlauf des Produktionsprozesses wird den Walzprodukten die noch enthaltene Wärme über Luftkühlung (Kühlbetten) oder durch Wasserkühlung (Quenchkühlung) entzogen. Verfahren zur Nutzung der so entstehenden Abwärmeströme aus Ofenabgas, Wasser der Quenchkühlung und der Abluft aus den Kühlbetten werden derzeit in der österreichischen stahlverarbeitenden Industrie und auch international nicht eingesetzt. In der technischen Fachliteratur werden Ansätze zur Nutzung dieser Wärmeströme, z.B. zur Knüppelvorwärmung, oder der Einsatz von Abhitzekesseln zur Dampferzeugung und zur Fernwärmeauskoppelung nur selten beschrieben. Zur Nutzung des Energieinhaltes des Ofenabgases wird der Einsatz von ORC-Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie und der Einsatz von Abhitzekesseln zur Wärmeauskoppelung untersucht. Patente zur Vorwärmung der eingesetzten Knüppel und zur Nutzung der Abwärme aus den Walzprodukten werden auf deren Machbarkeit und Umsetzbarkeit geprüft. Ziel des Projektes MAXREC ist es weiters, die Kühlwasserkreisläufe im Detail zu betrachten, um wärmere Teilströme zu separieren und auf ein nutzbares Niveau – beispielsweise mit Absorptionswärmepumpen – zu bringen, um diese Energie in Nebenprozessen (Beize, Hydraulikölheizung, Hallenheizung) zu verwenden. Abschließendes Ziel ist es, den optimalen Mix aus umsetzbaren, risikominimierten, den unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen entsprechenden Technologien zu erarbeiten, um eine optimale Energieausnutzung zu erzielen und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung hinsichtlich der Amortisationszeit durchzuführen. Das Projekt MAXREC bildet somit eine Basis für die Auswahl und Umsetzung eines optimierten Mixes aus Maßnahmen zur bestmöglichen Ausnutzung der Abwärmeströme in den drei betrachteten stahlverarbeitenden Unternehmen. Rückschlüsse auf das nutzbare Abwärmepotenzial in der gesamten österreichischen stahlverarbeitenden Industrie können getroffen werden.

Ausgangssituation

In der stahlverarbeitenden Industrie werden die im Strangguss erzeugten Knüppel in Drehherdöfen oder Hubbalkenöfen erhitzt und weiterverarbeitet. Weitere im Verlauf des Fertigungsprozesses eingesetzte Ofentypen sind Patentieröfen, Härteöfen und Glühöfen zur Erstellung des gewünschten Gefüges. Diese Öfen verfügen über eine rekuperative oder regenerative Vorwärmung der Verbrennungsluft, trotzdem entweicht das Ofenabgas noch bei einer Temperatur von ca. 300 °C. Im Verlauf des Produktionsprozesses wird den Walzprodukten die noch enthaltene Wärme über Luftkühlung (Kühlbetten) oder durch Wasserkühlung (Quenchkühlung) entzogen.

Verfahren zur Nutzung der so entstehenden Abwärmeströme aus Ofenabgas, Wasser der Quenchkühlung und der Abluft aus den Kühlbetten werden derzeit in der österreichischen stahlverarbeitenden Industrie und auch international nicht eingesetzt. In der technischen Fachliteratur werden Ansätze zur Nutzung dieser Wärmeströme, z.B. zur Knüppelvorwärmung, oder der Einsatz von Abhitzekesseln zur Dampferzeugung und zur Fernwärmeauskoppelung nur selten beschrieben.

Die Motivation für das Projektvorhaben besteht darin, die bisher ungenutzten Abwärmequellen zu identifizieren und durch das gezielte Ausschöpfen von Abwärmequellen den Primärenergieeinsatz und die CO2-Emissionen zu reduzieren.  

Projektverlauf

Die Lösungswege für die beschriebenen Themenfelder führten in allen Fällen, von der Schaffung einer Datenbasis, der Prozessanalyse und der detaillierten Kenntnisse der Energieflüsse in den betrachteten Unternehmen, über die Simulation der möglichen Lösungen zur Risikoanalyse und Szenarienbildung, zum Endergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnung. Zur Erstellung eines Konzeptes der technischen, produktspezifischen und risikofreien Lösungen wurden folgende Arbeitspakete definiert:

  • Durchführung einer Prozess- und Energieanalyse: Es wurden vorhandene Daten aus der betrieblichen Datenerfassung, wie Erdgaseinsatz, Abgastemperaturen, Ofendruck und O2-Gehalt, ausgewertet und für die Berechnung des Abgasvolumenstroms herangezogen. Die zur Anwendung gekommenen Instrumente waren die Pinch-Analyse und die Darstellung der Energieflüsse und Abwärmeströme anhand von Sankey-Diagrammen.
  • Verifizierung der Rechenwerte durch Messungen von Abgasvolumenstrom, Abgastemperatur und O2-Gehalt an definierten Betriebspunkten, mit dem Ziel, eine reale Datenbasis zu schaffen.  
  • Simulation von Möglichkeiten der Nutzung der Wärmeenergie aus Abwärmeströmen
  • Risikoanalyse der identifizierten Möglichkeiten (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse – FMEA) für ORC-Anlagen
  • Wirtschaftlichkeitsberechnung (unter Anwendung der Statischen Amortisationszeit als Kriterium)

Nach der Phase der Daten-, Prozess- und Energieanalyse wurden die Schwerpunkte für die detaillierte Weiterbetrachtung vom Einsatz neuer Technologien gesetzt. Das wurde notwendig, weil nicht alle Maßnahmen in jedem Unternehmen umsetzbar waren bzw. in unterschiedlichem Umfang bereits Maßnahmen umgesetzt wurden.

Zur Nutzung des Energieinhaltes des Ofenabgases wurden der Einsatz von ORC-Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie und der Einsatz von Abhitzekesseln zur Wärmeauskoppelung untersucht. Patente zur Vorwärmung der eingesetzten Knüppel und zur Nutzung der Abwärme aus den Walzprodukten werden auf deren Machbarkeit und Umsetzbarkeit geprüft. Um das Temperaturniveau der Kühlwasserkreisläufe auf ein nutzbares Niveau zu bringen wurde der Einsatz von Absorptions- und Kompressionswärmepumpen im Detail betrachtet.

Meilensteine

  1. Prozess- und Energieanalyse
  2. Verifizierung der Rechenwerte durch Messungen
  3. Simulation von Möglichkeiten der Nutzung der Wärmeenergie aus Abwärmeströmen
  4. Risikoanalyse der identifizierten Möglichkeiten (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse - FMEA) für ORC-Anlagen
  5. Wirtschaftlichkeitsberechnung (unter Anwendung der Statischen Amortisationszeit als Kriterium)
  6. Berichtswesen und Verbreitungsmaßnahmen

Ergebnisse

Mit den Projektergebnissen können in Zukunft Aussagen über das Potenzial der Abwärmequellen, deren Qualität und deren Nutzungsmöglichkeiten und die Wirtschaftlichkeit der Nutzung dieser Abwärmequellen rasch getroffen werden.

Durch die Untersuchung von drei stahlverarbeitenden Unternehmen konnte der Grundstein für weitere Untersuchungen in diesem Bereich gelegt und somit eine Tendenz über die Weiterverfolgung von Erneuerungen und Entwicklungen im Bereich der Abwärmenutzung im Niedertemperaturbereich getroffen werden. Weiters wurde deutlich, dass durch die für die vorgeschlagenen Maßnahmen geltenden Amortisationszeiten deutlich niedriger sind als ursprünglich gedacht und ihre Umsetzung für die Unternehmen teilweise durchaus attraktiv ist.

Ein wesentliches Potenzial wird im Bereich der Ausnutzung der Ofenabgase gesehen. Durch die Untersuchung mehrerer Möglichkeiten, wie das Abgas in ORC-Anlagen für die Stromerzeugung oder das Abgas zur Knüppelvorwärmung bzw. im Abhitzekessel zur Auskoppelung und die Wärme unternehmensintern oder als Nah- bzw. Fernwärmenetz zu nutzen, wurden Tendenzen deutlich und können für andere Unternehmen umgelegt werden.

Es wurde auch deutlich, dass in energieintensiven Unternehmen große Mengen an Abwärme zur Verfügung stehen und das primäre Ziel für Energieeffizienz steigernde  Maßnahmen soll sein, die Abwärme unternehmensintern zu nutzen. Der Einsatz von neuen Technologien, wie die ORC-Anlage, erweist sich dann als sinnvoll, wenn der Wärmeinhalt im Ofenabgas nicht anderweitig genutzt werden kann, da der Wirkungsgrad dieser Anlagen bei ca. 20 % liegt.

Am Beispiel der voestalpine Tubulars GmbH & Co KG wurde gezeigt, dass die unternehmensinterne Wärmeversorgung (Hallen- und Büroheizung, Brauchwassererzeugung) vollständig aus Abwärme erfolgen kann. Bei der Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH wird dies schon seit Jahren durchgeführt und zusätzlich die überschüssige Wärme in das Fernwärmenetz der Stadt Graz eingespeist. Am Standort der voestalpine Tubulars GmbH & Co KG ist eine Fernwärmeauskoppelung derzeit nicht möglich, weil kein Fernwärmenetz existiert und dieses erst aufgebaut werden müsste. 

In energieintensiven Unternehmen sollte der primäre Fokus auf der Nutzung der vorhandenen Abwärmepotenziale liegen. Wesentlich für die Umsetzung der Maßnahmen sind die Mitbetrachtung der unternehmensspezifischen und örtlichen Gegebenheiten sowie die produkt- und produktionsspezifischen Rahmenbedingungen, da nicht alle Maßnahmen für jedes Unternehmen umsetzbar sind.

Weitere Forschungstätigkeiten sind hauptsächlich im Bereich der Wärmespeicherung im Zusammenhang mit dem Einsatz von ORC-Anlagen und bei der Entwicklung von Vorwärmöfen zur Vorwärmung der Knüppel mit Ofenabgas zu sehen. Speziell bei der Knüppelvorwärmung gibt es aktuell keine bekannten Forschungsaktivitäten. Vorhandene Patente stammen aus den 80er Jahren. Nachgewiesenerweise ist hier ein Potenzial zu sehen und zusätzlich würde die direkte Nutzung des Ofenabgases als Wärme einen höheren Wirkungsgrad aufweisen als beim Einsatz von ORC-Anlagen.

Im Detail wurden für die teilnehmenden Unternehmen folgende Projektergebnisse erzielt:

Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH: Es bestehen 2 Kühlwasserkreisläufe (Heiß- und Kaltwasserkreislauf). Teilweise wird die Wärmemenge aus dem Heißwasserkreislauf genutzt und ins Fernwärmenetz der Stadt Graz eingespeist. Die anfallende Wärmeleistung aus dem Stoßofen und Elektrolichtbogenofen schwankt prozessbedingt stark. Da im Fernwärmesystem kein Speicher vorhanden ist, können gewisse Leistungsspitzen nicht in das Fernwärmesystem übertragen werden, was zur Folge hat, dass die Wärme über werksinterne Kühltürme abgefahren wird. Das bedeutet werksintern einen zusätzlichen Einsatz von Elektrizität und Wasser, der Wärmeinhalt kann keiner Nutzung zugeführt werden.

Durch den Einbau eines Speichers, in welchem die anfallenden Leistungsspitzen zyklisch gespeichert werden, kann zusätzlich zu den derzeit ca. 44 GWh pro Jahr, die Fernwärmeauskoppelung gesteigert werden.

voestalpine Austria Draht GmbH (Standort Bruck): Aufgrund des Produktionsprozesses gibt es am Standort Bruck nur eine geringe Menge an Ofenabgas. Der Schwerpunkt der Betrachtungen war hier in der Nutzung des Wärmeinhaltes im Kühlwasser zu sehen. Mit Hilfe von Wärmepumpen kann das Kühlwasser auf ein nutzbares Temperaturniveau gebracht und für die Hallenheizung als Ersatz für Erdgas genutzt werden.

voestalpine Austria Draht GmbH (Standort Leoben): Im Hubbalkenofen werden große Mengen an Erdgas zur Erwärmung der Knüppel auf Walztemperatur eingesetzt. Der Wärmeinhalt des Ofenabgases wird derzeit teilweise noch ungenutzt in die Umgebung abgegeben. Möglichkeiten, den Wärmeinhalt zu nutzen, sind die eine ORC-Anlage zur Stromerzeugung einzusetzen bzw. alternativ dazu, die enthaltene Wärme zur Vorwärmung der Knüppel in einem Vorwärmofen zu nutzen. Die Knüppelvorwärmung ist theoretisch möglich, erfordert jedoch erhebliche Eingriffe in den bestehenden Prozess und begleitende Investitionen für Umbauten. Vorhandene Patente können als Vorlage dienen, aber für die konkreten Anforderungen und Rahmenbedingungen muss ein eigener Vorwärmofen entworfen werden. Das Kühlwasser aus der Ofenkühlung (Temperaturniveau ca. 85 °C) wird in das Wärmenetz am Standort eingespeist und im Kraftwerk der am Standort befindlichen voestalpine Stahl Donawitz GmbH & Co KG zur Kesselspeisewasservorwärmung verwendet. Als weiteres und wesentliches Potenzial ist die Wärmerückgewinnung von Strahlungswärme an der Hakenbahn zu sehen. 

voestalpine Tubulars GmbH & Co KG: Am Standort befinden sich zwei Produktionsstätten, das Nahtlosrohrwalzwerk und die Ölfeldrohrfertigung. Im Verlauf des Produktionsprozesses kommen verschiedene, erdgasbetriebene Öfen zum Einsatz. Der Wärmeinhalt des Ofenabgases wird derzeit noch  teilweise ungenutzt in die Umgebung abgegeben.

Für die Nutzung des Ofenabgases  wurde folgende Kombination gefunden:

  • Nutzung des Wärmeinhalts aus dem Ofenabgas zur Stromerzeugung in einer ORC-Anlage am Ofen mit dem höchsten Temperaturniveau
  • Wärmeauskoppelung zur Hallenheizung mit Wärmetauscher an allen anderen Öfen bzw. alternativ dazu im Ölfeldrohrwerk die Nutzung des Ofenabgases zum Betreiben einer Absorptionswärmepumpe, um die Wassertemperatur des Kühlwasserkreislaufes zur Hallenheizung auf ein nutzbares Niveau zu bringen. Durch den Einsatz einer Absorptionswärmepumpe stehen 300 kW mehr an Wärmeleistung für die Hallenheizung zur Verfügung.

Eine weitere wesentliche Wärmequelle ist in der Kühlluft am Kühlbett zu sehen. Eine Wärmerückgewinnung wird im Rahmen von RADREC betrachtet und würde einen wesentlichen Beitrag zur Hallenheizung leisten.

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