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RaCiA Rankine Cycle für industrielle Abwärmen

Das von der Forschung Burgenland und dem wissenschaftlichen Projektpartner Technisches Büro Dr. Beckmann durchgeführte Sondierungsprojekt zielt darauf ab, die Energieeffizienz durch die Verstromung bisher ungenutzter, im besten Fall erneuerbarer, Low-Exergy-Quellen zu steigern. Das Projekt RaCiA beschäftigt sich mit der Entwicklung eines innovativen thermodynamischen Kreisprozesses zur Verstromung von Abwärmequellen, z.B. aus industriellen Prozessen. Auf Basis thermodynamischer Simulationen wurde ein dreistufiger Wasserdampf-Flash-Prozess entwickelt, der es erlaubt, Niedertemperatur Abwärme möglichst effizient in elektrische Energie umzuwandeln. Das Sondierungsprojekt soll die prinzipielle Leistungsfähigkeit der vorgeschlagenen Technologie evaluieren und die Basis für eine Weiterentwicklung dieses innovativen Prozesses schaffen.

Ausgangssituation

Die Nutzung von Abwärme, insbesondere durch Verstromung, gewinnt zunehmend an Bedeutung für die Steigerung der Energie-Effizienz und die Reduktion von Treibhausgasen. In der Zementindustrie wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Wärmerückgewinnungsanlagen errichtet, die entweder Abwärme aus dem Prozessgas oder auch die Abwärme aus Klinkerkühlern verwerten und diese in elektrische Energie umwandeln. Das Temperaturniveau dieser Abwärmequellen liegt typischerweise im Bereich 220 – 450°C. Die Abwärmeleistung liegt typischerweise im ein- bis zweistelligen MW Bereich.

Der Markt für Wärmerückgewinnungsanlagen in der Zementindustrie, sowohl auf Hersteller- als auch auf Nutzerseite, ist derzeit auf Asien ausgerichtet. Ein Großteil dieser Anlagen wurde in chinesischen Zementwerken errichtet (ca. 85% der weltweit errichteten Anlagen), Anlagenhersteller sind sowohl in China als auch in Japan zu finden. Als Umwandlungstechnologie kommen zum überwiegenden Teil konventionelle Wasserdampfprozesse zum Einsatz. ORC- oder Kalina- Prozesse spielen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in diesem Anwendungsfeld eine untergeordnete Rolle.

Als Referenzprojekt im Bereich Abwärmeverwertung in der Zementindustrie in Europa gilt die ORC- Anlage, die bei der Heidelberg Cement AG im Werk Lengfurt (Deutschland) errichtet wurde. Diese Anlagentechnologie gilt als Best Available Technique für die Abwärmeverstromung in der Zementindustrie lt. EU Industrial Emissions Directive (2010/75/EU). Die ORC- Anlage der Heidelberg Cement AG liefert eine Leistung von 1,2 MWel,Netto, was einer Reduktion des Eigenstromverbrauchs des Zementwerks von ca. 12 % entspricht. Diese Technologie wurde im Projekt RaCiA als Benchmark Prozess gewählt um die Performance Daten des neu zu entwickelten Prozesses zu bewerten und mit dieser Technologie zu vergleichen.

Projektverlauf

Nach einer grundlegenden Recherche zum aktuellen Stand der Technik anhand Literaturquellen und Experteninterviews wurden die für die Prozessentwicklung erforderlichen Auslegungsbedingungen festgesetzt. Diese Auslegungsbedingungen sind angelehnt an eine bereits ausgeführte Anlage, die in Berichtsform, sowohl was die Anlagendimensionierung als auch Messwerte anbelangt, umfangreich dokumentiert ist. Für die Festlegung der Auslegungsbedingungen wurde die ausgeführte ORC- Anlage der Heidelberg Cement AG am Standort in Lengfurt herangezogen. Weiters wurden State-of-the-Art und innovative Prozesse, die grundsätzlich für diesen Anwendungsfall zum Einsatz kommen können, definiert (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1 

Abbildung 1: Übersicht Vergleich State-of-the-Art und innovativer Prozesse im Projekt

Für die Prozessentwicklung des innovativen Wasserdampf-Flash-Prozesses konnte auf bereits erteilte Patente für den Prozess bzw. für einzelne Schlüsselkomponenten zurückgegriffen werden. Die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten für die Verschaltungsart des Prozesses wurde durch eine grundlegende Variantenauswahl festgelegt. Die unterschiedlichen Varianten wurden für die definierten Auslegungsbedingungen simuliert und optimiert. Für die vielversprechendsten Variante wurden Parametervariationen durchgeführt um schlussendlich eine Basisauslegung des Prozesses zu erhalten (siehe Abbildung 2). Die thermodynamischen Simulationen wurden mit den Softwaretools IpsePro und EES durchgeführt.

Parallel dazu wurden Vergleichsprozesse simuliert. Bei Prozessen, die bereits umgesetzt wurden und bei denen Messwerte dokumentiert sind, wurde der Prozess anhand dieser Messwerte nachgebildet („as built“). Bei Prozessen, bei denen keine Messwerte ausgeführter Anlagen vorliegen, wurden diese Prozesse simuliert und mittels Parametervariation optimiert. Aus den simulierten Vergleichsprozessen wurde schlussendlich der Prozess mit dem höchsten Energieoutput als Benchmark- Prozess definiert.

Der Prozessvergleich erfolgt sowohl technisch, als auch ökologisch und ökonomisch. Bei der technischen Bewertung wurde neben dem Netto- Energieoutput auch Sensitivitäten bei Änderung der prozesstechnischen Auslegungsbedingungen und betriebliche Aspekte bewertet. Die ökologische Bewertung erfolgt anhand einer vergleichenden Ökobilanz für unterschiedliche Wirkkategorien. Die wirtschaftliche Bewertung erfolgt anhand von Investitionskennzahlen ausgeführter Anlagen sowie einer Kostenkalkulation des neu entwickelnden Prozesses auf Basis von Schlüsselkomponenten.

Abbildung 2

Abbildung 2: Vorgehensweise bei der Simulation und Bewertung von Prozessen im Projekt 

Ergebnisse

Abbildung 3 zeigt das Prozessschema des entwickelnden dreistufigen Wasserdampf-Flash-Prozesses. Im Abhitzekessel erfolgt eine Teilverdampfung des Kesselwassers, in der nachfolgenden Hochdruck- Abscheideflasche erfolgt eine Trennung von Sattdampf und Heißwasser. Der Hochdruck Sattdampf wird einer mehrfach beaufschlagten Gleichdruckturbine zugeführt, das Heißwasser wird in einem Ablauf-Regelventil in Form eines Venturi- Kondensatableiters auf Mitteldruck-Niveau entspannt. Der zuvor beschriebene Schritt wiederholt sich sowohl auf Mitteldruck- als auch auf Niederdruck- Niveau. Somit stehen für die Expansion drei unterschiedliche Druckniveaus zur Verfügung, die in einer patentierten Gleichdruckturbine in mechanische Energie und im Generator in elektrische Energie umgewandelt werden. Der Prozess wird in Abbildung 4 in Form eines T-s- Diagramms dargestellt.

RaCiA Prozessschema

Abbildung 3: Prozessschema RaCiA Flashdampfprozess zur Stromerzeugung aus industrieller Abwärme

 RaCiA T s Diagramm

Abbildung 4: T-s Diagramm RaCiA Flashdampfprozess zur Stromerzeugung aus industrieller Abwärme

Das Ergebnis zeigt deutliche Vorteile des neuartigen Prozesses (Innovativer Dampfprozess RaCiA) gegenüber den untersuchten Vergleichsprozessen sowohl in Effizienz als auch in ökologischer Sicht. So konnte z.B. die durch den neuartigen Prozess erzeugte Stromproduktion bei gleichen Prozessbedingungen der Abwärmequelle im Vergleich zum untersuchten ORC- Prozess (Best Available Technique lt. EU Industrial Emissions Directive) um 29% gesteigert werden (siehe Tabelle 1).

Das Sondierungsprojekt zeigt vielversprechende Ergebnisse für den innovativen Prozess auf Basis derer im nächsten Schritt die industrielle Umsetzung erfolgen soll.

Tabelle 1: Prozessvergleich des innovativen Flashdampfprozesses

Tabelle 1

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Steckbrief

  • Projektnummer
    843891
  • Koordinator
  • Projektleitung
    Jürgen Krail, juergen.krail@fh-burgenland.at
  • Partner
    Technisches Büro für Maschinenbau und Energietechnik Dr. Beckmann
  • Schlagwörter
    Abwärmeverstromung, Abwärmeverwertung, Effizienzsteigerung industrieller Prozesse, Ökologische Bewertung, ORC- Prozess, Wärmerückgewinnung, Wasserdampf- Prozess
  • Förderprogramm
    Energieforschung (e!MISSION)
  • Dauer
    01.2014 - 07.2017
  • Budget
    178.548 €